Position der Sektion 8 zum 5-Punkte Programm

Am 25. August 2008 hat Werner Faymann den Konsenskurs mit der ÖVP
aufgekündigt und ein 5-Punkte-Programm vorgelegt, das im Parlament dem freien
Spiel der Kräfte überlassen werden soll. Die Sektion 8 der SPÖ Alsergrund begrüßt
diesen Vorstoß grundsätzlich, einige Anmerkungen sind jedoch angebracht.

• Sich aus der Geiselhaft der Koalitionsräson zu befreien ist ein Schritt der seit
dem Jänner 2007 überfällig ist. Die SPÖ-Führung hat sich spät aber doch
dazu entschlossen mit ihren inhaltlichen Positionen in die Offensive zu gehen.
Diese Vorgangsweise wird von uns explizit unterstützt.

• Wie betrachten diese fünf Maßnahmen nicht als Teuerungspaket und halten
diese Bezeichnung lediglich für ein (legitimes) Branding. Mit fiskalischen
Maßnahmen kann die Teuerung nur abgefedert werden. Die Ursachen für
diese aktuelle Teuerung sind im mangelnden Wettbewerb in gewissen
Branchen sowie in der Abhängigkeit von einigen wenigen Energieträgern zu
sehen. Nur mittel- und langfristige Strategien in den Bereichen Energie,
Umwelt, Landwirtschaft und Wettbewerb können diese Teuerung an der
Wurzel packen. Überdies sind kräftigere Lohnabschlüsse immer ein gutes
Mittel um die Kaufkraft zu steigern.

• Die Halbierung der Mehrwertssteuer auf Lebensmittel ist natürlich eine
Umverteilung mit der Gießkanne. Allerdings profitieren untere
Einkommensschichten überdurchschnittlich, weil die Steuerersparnis
gemessen am Einkommen höher ist als die Ersparnis von
Besserverdienenden. Ohne entsprechende Mehrheiten im Parlament ist eine
gezieltere Umverteilung auch schwierig umzusetzen und die Gießkanne ist
immer noch besser als keine Verteilung.

• Damit die Halbierung der Mehrwertssteuer auch reale Auswirkungen hat sind
rigorose Preiskontrollen unumgänglich. Überdies muss nach den Wahlen
gezielt an der Wettbewerbspolitik im Lebensmittelhandel gefeilt werden.
Beides wären Aufgaben eines Wirtschaftsministers, der im Interesse der
Konsument/innen und nicht im Interesse des Großhandels agiert.

• Für die 13. Familienbeihilfe gilt ähnliches wie für die
Mehrwertssteuerhalbierung. Zwar ist der Zusatz an Geldmittel für
Wenigverdienende im Verhältnis zu ihrem Einkommen höher als bei höheren
Einkommensgruppen, trotzdem handelt es sich um eine Maßnahme mit der
Gießkanne.

• Die Geldtransfers im Familienbereich sind in Österreich im internationalen
Vergleich extrem hoch, viel sinnvoller wäre es einen Teil der Mittel für
Investitionen in die öffentliche Kinderbetreuung zu verwenden. Angesichts der
Tatsache, dass die 13. Familienbeihilfe jedoch nicht einmal die Inflationsverluste der letzten Jahre wettmacht, relativiert sich diese Kritik. Für
zukünftige sozialdemokratische Regierungen sollten jedoch Investitionen in
die öffentliche Infrastruktur im Bereich der Kinderbetreuung im Vordergrund
stehen.

• Die fünf Maßnahmen sind zwar einzeln alle zu befürworten, folgen jedoch
keinem Gesamtkonzept. Eine mögliche SPÖ-geführte Regierung sollte diese
Maßnahmen im Nachhinein in ein stimmiges Gesamtkonzept einbetten. Ein
absolut notwendiges Element dieser Einbettung ist die treffsichere
Gegenfinanzierung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit. Dazu bietet sich
die Einführung der bereits zugesagten Vermögenszuwachssteuer ebenso an,
wie die Wiedereinführung der Erbschaftssteuer, die Einhebung von
Sozialversicherungsbeiträgen auf Kapitaleinkommen und die Streichung der
Ausnahmen bei der Besteuerung von Aktienoptionen.

• Zu den drei bisher ausgesparten und erfreulichen Themenbereichen
Abschaffung der Studiengebühren, Verlängerung der Hacklerregelung und
Erhöhung des Pflegegeldes haben wir nichts weiter anzumerken.